Südbaden-Cup 2012 Dezember - - Jahresendturnier

Das Abschlussturnier des Jahres 2011 des Südbaden-Cups war mal wieder richtig spannend - und zwar buchstäblich bis zum letzten Wurf des letzten Spieles. Beide Finals standen dabei diesmal ganz im Zeichen der Her(i)berte.

Das Consolation - Finale

Im Consolation-Finale der Champions begegneten sich der Autor und Heribert Lindner aus Fulda.

Im zu fortgeschrittener Stunde abgekürzten Finalmatch benötigt Heribert nur noch zwei Punkte (Michael deren drei) zum Matchgewinn, als sich der Kampf in der fogenden Situation zu Heriberts Gunsten entscheidet:

Weiss am Wurf - Doppler-Aktion?

HLindnder score: 2-weg
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|2X '3X3X1X3X|   |1X ' ' ' '2O|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |                 |
|2O2O2X '2O3O|   | '2O '2O ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiS score: 3-weg

Weiss ist hier ein deutlicher Favorit. Zwar nicht vom pipcount, vielmehr würde Rot sehr gerne ins Rennspiel überleiten. Doch hängt er noch sehr unangenehm auf seinem tiefen Anker fest. Während Weiss relativ ungefährdet seine Steine nach Hause ziehen kann, wird Rot weitere Zugeständnisse im homeboard machen müssen oder die Sicherheit des Ankers aufgeben und sich der Attacke aussetzen müssen. Im moneygame oder bei gleichem score wäre ein weisses Doppel trotzdem etwas verfrüht und es ist besser, auf konkretere Drohungen zu warten. Wenn Rot sein homeboard weiter geschädigt hat oder vom Anker gezwungen wird ist der gute Zeitpunkt gekommen. Oft wird der Gegner dann trotzdem noch ein take haben und man vermeidet so doppelte Verluste in den Fällen, in denen Rot sich mit einem Pasch oder Ferntreffer aus der Affäre ziehen kann - und selbst nach einem "pass" hat man sich zumindest der zahlreich vorhandenen Unfallmöglichkeiten entledigt. Bei einem Match-Rückstand ist es etwas anderes; da kann sich Weiss ein zu langes Abwarten nicht erlauben und muss rechtzeitig doppeln, da der Gegner sonst allzuleicht passen könnte. Auch Michael beschwört den frühen Vogel und doppelt. Heribert lässt sich nicht rausbluffen und akzeptiert - knapp, aber gerechtfertigt.

Weiss hat nun eine 51 zu spielen

HLindnder score: 2-weg
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|2X '3X3X1X3X| 2 |1X ' ' ' '2O|
|                   |   |                   |
|                 |   |       1 5       |
|2O2O2X '2O3O|   | '2O '2O ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiS score: 3-weg

Michael spielt 13/8 6/5, um dem Gegner nur einen Fernwurftreffer mit der 64 zu lassen.

Heribert würfelt eine 62 und hat nun keine einfache Entscheidung zu treffen:

HLindnder score: 2-weg
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '3X3X1X3X| 2 |1X ' ' ' '1O|
|                   |   |                   |
|       2 6       |   |                 |
|2O2O2X '3O2O|   | '3O '2O ' '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
MiS score: 3-weg

Rot kann hier weiter tatenlos abwarten, dann muss er anfangen, tiefe Steine zu machen und sein Haus zu zerstören. Oder er kann mit 7/5 sein homeboard weiter stärken, um dann unter bestmöglicher Rückendeckung mit 22/16 den Ausbruch zu wagen - in der Hoffnung, bei einem sich ergebenden Schlagabtausch etwas zurückzutreffen. Heribert entscheidet sich für eine dritte Möglichkeit - das elegante 22/14, was die gegnerische 2 dupliziert. Tatsächlich ist der Ausbruchsversuch - so die Rollout-Analyse - mit knapp 30% auch das Spiel mit den besten Gewinnaussichten. Es ist allerdings ratsam, mit der Matchführung auch das Gammonrisiko nicht aus den Augen zu verlieren, welches durch das Aufgeben des Ankers zu sehr steigt. Die Computeranalyse favorisiert daher das weitere Abwarten 7/1 5/3 für Rot. Weil auch Weiss in seinem nächsten Wurf noch ein paar Kombinationen hat, die sehr unschön zu spielen sind (55,64,63,54), bietet auch das weitere Abwarten durchaus auch noch etwas an Gewinnchancen - bei deutlich reduzierter Gammongefahr.

# Ply Zug Gewinnerwartung
  1 R 7/1 5/3 -0,500
 
0,2780,0120,000-0,7220,0620,001
 
  2 R 7/1 4/2 -0,504 ( -0,003)
 
0,2850,0150,000-0,7150,0820,002
 
  3 R 22/16 7/5 -0,570 ( -0,069)
 
0,2950,0720,003-0,7050,1770,003
 
  4 R 22/14 -0,576 ( -0,075)
 
0,2970,0600,001-0,7030,1890,006
 

Heribert hat 22/14 gespielt; Michael hat nun eine 54 zu ziehen.

HLindnder score: 2-weg
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|2X '3X3X1X3X| 2 |1X ' ' ' '1O|
|                   |   |                   |
|                 |   |       4 5       |
|2O2O1X '3O2O|   | '3O '2O1X '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiS score: 3-weg

Es ist keine Frage - Weiss muss versuchen den Ausbruch zu verhindern und attackieren. Michael zieht daher 13/9 8/3*, was aber ungenau gespielt ist. Richtig ist das big-play 10/6 8/3*, was auf den ersten Blick sehr lose und offen aussieht. Das Risiko der vielen Blots ist jedoch in dem Fall keins. Weil Rot nur noch zwei Punkte fürs Match benötigt und der Doppler eh bereits auf 2 ist, spielt es keine Rolle mehr, ob Weiss einfach oder gammon verliert. Den Roten schmerzt ein Gammonverlust jedoch sehr wohl, wenn es Weiss gelingt den anderen Blot auf der 11 auch noch einzusammeln!

Beim aktuellen Spielverlauf ist es aber letztlich völlig egal, denn Heribert vermag brutal zu kontern:

HLindnder score: 2-weg
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '3X3X1X3X| 2 |1X ' ' ' ' '|
|                   | 1X|                   |
|       2 3       |   |                 |
|2O2O1O '3O2O|   | '2O1O2O1X '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
MiS score: 3-weg

Mit einem perfekten Wurf kann Rot von der bar zurückkommen, schlagen und gleichzeitig das homeboard decken. Solch überzeugenden Argumenten hatte der Autor dann auch nichts mehr weiter entgegenzusetzen.


Das Finale Champions Main

In einem bis zum letzten Wurf auf Augenhöhe geführten Jahresfinale standen sich Jaques Wehli aus Zürich und Herbert Sommerfeld aus Karlsruhe in einem Match auf 13 ebenbürtig gegenüber.

Steigen wir ein in eine frühe Phase des Matches, als Herbert (ähnlich wie Bertram Wild in der letzten September-Analyse) mit einem Pasch-1 "eine 1 zuviel" zu ziehen hat:

Rot hat 11 zu ziehen

HSommerfeld
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '2X2X3O2X| 2 | '2X ' ' ' '|
|                   | 1X|                   |
|       1 1       |   |                 |
|2X3O3O2O '3O|   |1O ' ' ' '2X|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
JWehli

Rot hat eine 1 zum einsetzen und kann zwei weitere 1en irgendwo vershiften; aber die vierte 1 macht etwas Kopfzerbrechen. Verkehrt ist es, mit 4/3 oder 3/2 das homeboard anzutasten, trotz aller guten Vorsätze, es wieder zu reparieren. Rot hat nichts zu verlieren, aber benötigt dringend ein gutes Haus, um das Blatt zu wenden. Wenn man also zu dem Schluss kommt, lieber den Treffer zu geben, dann wo? Anstatt mit bar/24 8/7(2) 13/12 die 7 und 8 als indirekte Treffer im Aussenfeld zu bezahlen behält Rot besser seinen Midpoint und spielt (zum gleichen Preis von 11 Treffern) bar/24 8/7 8/6 - mit weniger blots und besseren builder-Möglichkeiten. Der Treffer kostet den Roten ohnehin nicht viel, wenn er eh bereits mit dem Rücken zur Wand steht - tatsächlich kann das Geschlagen-Werden sogar auf die eine oder andere Art noch von Nutzen sein (Flug-Rücktreffer, Gewinn an Timing für das 1-Punkt-Spiel, ein weiterer Störstein im gegnerischen Lager, vor allem wenn man auf der 5 einspielen kann). Selbst das Gammonrisiko liegt laut GNU nach bar/24 8/7 8/6 nicht höher als beim von Herbert letztlich gewählten 4/3.

Beim Stand von 11:10 gegen sich versucht Herbert durch ein Doppel dem Match eine neue Wendung zu geben:

Rot am Wurf doppelt

HSommerfeld score: 10
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|1O ' '2X2X3X|   | '2X '1O1X2O|
|                   |   |                   |
|       [2]       |   |                 |
|1O2X1O2O3O2O|   | '2O ' ' '3X|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
JWehli score: 11

Hier gilt ganz analog wie im zuvor betrachteten Consolation-Finalmatch zwischen Heribert und Michael: Beim Stand von 3-Rest gegen 2-Rest muss Rot versuchen, den Doppler rechtzeitig unterzubringen, da Weiss sonst zu leicht wegpasst. Während Rot in einer moneygame-Partie - mit zwei Steinen hinten gegen nur einen beim Gegner - nicht mal ein "give" hätte, tut sich Weiss bei seiner Match-Führung wegen des gesteigerten Gammon-Risikos bereits sehr schwer mit dem Akzeptieren des Dopplers. Das Take ist bei einer 2-w_3-w_Matchführung tatsächlich bereits grenzwertig aber gerade noch korrekt (0,99).

Rot muss daraufhin 62 spielen

HSommerfeld score: 10
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|1O ' '2X2X3X|   | '2X '1O1X2O|
|                   |   |                   |
|       2 6       |   |                 |
|1O2X1O2O3O2O| 2 | '2O ' ' '3X|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
JWehli score: 11

Herbert, der nicht zuletzt auch auf den Doppelschuss hin gedoppelt hat, hat diesen mit seiner 62 jedoch verpasst und muss nun das beste draus machen. Zwischen den beiden Möglichkeiten - dem technischen Zug 11/3, welcher die gegnerische 2 dupliziert, und dem strategisch gehaltvolleren 13/7 11/9, um ein Blockadespiel anzustreben, wählt Herbert mit der letzteren Variante diejenige, die auch in der Computeranalyse am besten abschneidet - wegen der weissen homeboard-Schwächen kann er sich das big-play hier auch erlauben.

Jaques verpasst nun ebenfalls. Wie soll er seine 53 am besten spielen?

Weiss hat 53 zu ziehen

HSommerfeld score: 10
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|1O ' '2X2X3X|   |1X2X1X1O '2O|
|                   |   |                   |
|                 |   |       3 5       |
|1O2X1O2O3O2O| 2 | '2O ' ' '2X|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
JWehli score: 11

Vier sinnvolle Möglichkeiten hat man als Weisser:

  • 8/5 8/3 gibt einen guten Blockadepunkt auf, um dafür das homeboard zu decken.
  • mit 15/10 13/10 kann man die gegnerischen 1en duplizieren.
  • leicht zu übersehen aber gar nicht abwegig ist 6/3 6/1. Das lässt am wenigsten offen stehen und gibt dem hintersten Stein durch die Stärkung des Hauses indirekte Rückendeckung vor offenen Attacken.
  • 15/7 - der strategische Zug slottet den bar-punkt, um die drohende gegnerische Blockade mit einer Gegenblockade beantworten zu können.
  • Was hättet Ihr gespielt ?

    Es ist durchaus nicht einfach. Ein angebrachtes strategisches Mittel gegen eine gegnerische Prime ist die Gegenblockade, weswegen Jaques auch 15/7 versuchte. Dieser Zug - wenngleich strategisch motivert - hat jedoch gravierende technische Nachteile. Er diversifiziert die Würfe des Gegners (1en und 5en schlagen; 2en und 6en schliessen, 3en und 4en bauen den nächsten Homeboard-Punkt). Auch birgt dieser sehr offene Zug ein hohes Gammon-Risiko. Besser ist 15/10 13/10 was die Gegnertrefferwürfe dupliziert statt zu diversifizieren. Wonach Weiss aber zwei Baustellen übrigbehält, den hinteren Stein, der irgendwie entkommen muss und den homeboard-blot, der auch erst noch verarztet werden will. Stärker als die obigen zwei Varianten sind die anderen beiden Möglichkeiten, wobei 8/5 8/3 noch etwas besser dasteht als 6/3 6/1. Wie sind diese beiden Züge angesichts der drohenden gegnerischen prime strategisch zu bewerten? Es ist so: Mit einem blockierten Einzelstein muss man nicht auf Teufel komm raus gegenprimen sondern kann auch versuchen zu entschlüpfen, indem man vorne an die Kante gelangt und springt. Dazu muss man aber die Rückendeckung eines guten homeboards haben weil man bei seinen Fluchtversuchen heftigen offenen Attacken ausgesetzt sein wird. 6/3 6/1 und 8/5 8/3 sind beide in diesem Sinne.

    nach dem weissen Zug von 15/7

    HSommerfeld score: 10
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    |1O ' '2X2X3X|   |1X2X1X ' '2O|
    |                   |   |                   |
    |                 |   |                 |
    |1O2X1O2O3O2O| 2 |1O2O ' ' '2X|
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    JWehli score: 11

    Wie bereits erwähnt sind die roten Würfe jetzt gut diversifiziert; es gelang Herbert zwar nicht der Treffer, aber er konnte dafür schliessen und Jaques musste in dem resultierenden Blockadeduell nach einem Pasch-5 ziemlich rasch den Kürzeren ziehen. So dass es in eine dramatische Verlängerung geht.

    In den beiden folgenden Spielen - dem Crawford-Game sowie dem darauf folgenden dmp-Spiel - hat jeweils der eine, dann der andere Finalist den Turniersieg zum Greifen vor Augen, nur um dann im vorletzten Wurf doch noch zu scheitern.

    zunächst ist Herbert im Crawford-Spiel an der Reihe, als er als Roter in der folgenden Zweiwurf-Stellung mit 42 verpasst:

    HSommerfeld score: 12
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    |2X '1X1X ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    |                   |   |                   |
    |       2 4       | 1 |                 |
    |3O ' ' ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    JWehli score: 11

    Im abschliessenden DMP sieht zunächst Jaques wie der sichere Sieger aus. Nachdem er den Gegner nahezu ausgeknockt hat konnte der mit Müh und Not bei zwei Steinen auf der bar mit einem Pasch-3 gerade noch den Anker im letzten offenen Punkt des weissen homeboards etablieren. Und diesmal war es am Schweizer, an der letzten Hürde zu scheitern:

    HSommerfeld score: 12
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    |2X2X2X2X2X3X|   | ' ' ' ' ' '|
    |                   |   |                   |
    |                 | 1 |       1 3       |
    |4O1O1X2O ' '|   | '1X ' ' ' '|
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    JWehli score: 12

    Auch Jaques Wehli gerät kurz vor der Ziellinie ins Straucheln und lässt beim Herausspielen mit 4/off einen Schuss - und Herbert macht die eins und trifft. Doch trotz des Treffers und closeouts ist man als Weisser mit bereits 9 herausgespielten Steinen laut Statistik immer noch ein 58:42 - Favorit - man muss nur noch mit dem letzten Stein schnell genug wieder einspielen und ums Feld eilen, sobald Rot angefangen hat abzutragen. (Wie Nils Baumann anmerkt, verschieben sich die Chancen etwas zu Gunsten von Rot, da Weiss noch den blot im homeboard hat und der Gegner dadurch nachher riskanter herausspielen kann. Aber auch das macht laut Rollout nur ca. 2% extra-Prozente aus, so dass Rot nach wie vor mit 44:56 ein Underdog in diesem Spiel bleibt).
    .... und dann geht es ganz knapp aus - in einem Fotofinish gewinnt Herbert Sommerfeld am Schluss mit einem einzigen pip Vorsprung das ganze Match.

    HSommerfeld score: 13
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    | ' ' ' ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    |                   |   |                   |
    |                 | 1 |                 |
    |1O ' ' ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    JWehli score: 12