Südbaden-Cup Dezember 2012 Jahresendturnier

Das Champions - Finale

Das Jahresendturnier 2012 am 9. Dezember erlebte im Finalmatch bei den Champions eine Neuauflage zwischen Claus Weissbarth und Michael Schoppmeyer, die sich erst drei Wochen zuvor beim Rhy-Cup in Basel im Finale gegenübergestanden hatten. Damals konnte der Autor ganz knapp die Oberhand behalten; auch diesmal schenkten sich die beiden Kontrahenten nichts. Doch nicht nur deshalb war dieses Finalmatch so brisant, sondern vor allem auch, weil Claus mit einem Finalsieg bei gleichzeitiger Niederlage seines Konkurenten Matthias Krings, der noch in der Consolation spielte, in der Jahreswertung noch an diesem vorbeiziehen und sich so den Gesamtsieg in der Jahreswertung und somit den Titel "Südbadischer Backgammon-Meister" sichern konnte.

Im Match auf 13 ging es beim Stande von 4-3 für den Autor zum ersten Mal richtig zur Sache. Michael überlebte die heftigen homeboard-Attacken seines Gegners und konnte mit etwas Glück in dessen Haus zwei tiefe Anker bilden. Seine Backgame-Pläne musste er jedoch nach einem Pasch-6 zur Unzeit bald wieder aufgeben und sah sich gezwungen, das Spiel nach vorne zu gewinnen, was sich vor allem angesichts eines beschädigten homeboards als zu schwierig erweisen sollte:

Weiss hat 52 zu ziehen

CWeissbarthscore: 3
+-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
| ' ' '2X '2X|   |2X2X4X2O '2X|
|                   | 1X|                   |
|                 |   |       2 5       |
| ' ' '1O3O2O| 2 | '3O '2O2O '|
+-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
MiSscore: 4

Nicht nur muß Weiß den gegnerischen Einzelstein in Schach halten; er muß auch irgendwann seine zwei Steine vom Anker hinter der gegnerischen Blockade befreien. Rot hatte mit seinem letzten Wurf von 53 getanzt; Weiß entscheidet sich nun, einen Fluchtversuch zu wagen. Solange der Gegner noch auf der bar steht, wird er nicht mit voller Wucht kontern können. Und ohnehin ist's ja nur ein Würfel mit einer 5, der überhaupt den Weg in die Freiheit ebnet, und 5en wachsen ja auch nicht beliebig auf den Bäumen. Allerdings gehört schon etwas Mut dazu, die Sicherheit des Ankers aufzugeben, da das Risiko besteht, komplett ausradiert zu werden. Bei einer Matchführung ist es gar nicht mal so klar, ob man dieses Risiko überhaupt eingehen soll. Das GNU-Computer-Rollout favorisiert leicht, mit 9/7 8/3 den Ball flach zu halten.
Michael entscheidet sich aber wie gesagt für die Flucht nach vorne und befreit mit 22/17 einen Stein. Weil er zu den Treffern mit der 1 nicht noch zusätzlich die 63 und 54 geben will, spielt er 9/7 mit der 2 und dupliziert seinem Gegner die 1.

Doch Claus ist wieder rechtzeitig zur Stelle:

Rot hat 41 zu ziehen

CWeissbarthscore: 3
+-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
| ' ' '2X1O2X|   |2X2X4X1O '2X|
|                   | 1X|                   |
|       1 4       |   |                 |
| ' ' ' '3O3O| 2 | '3O '2O2O '|
+-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
MiSscore: 4

Nun heisst es "Stopp - Polizei !". Allerdings muß auch Rot noch die Wahl treffen: welchen Stein soll er mit der duplizierten 1 nun schlagen? Das ist nur sehr schwer zu entscheiden. Nach bar/21 4/3* kommt man auf immerhin 16 Rücktreffer für Weiß (3en, 21, 22 und 42). Wenn man Rücktreffer für den Gegner zählt darf man die nicht vergessen, die er in seinem homeboard hätte. Und so kommen nach bar/21 9/8* zu den Trefferchancen für Weiß im Außenfeld also noch die ganzen Konter im eigenen homeboard dazu, da sind es dann sogar 20 Rücktreffer-Möglichkeiten (sprich: mit jedem Wurf der einspielt kann Weiß gleichzeitig schlagen). Daher - und um seine Blockade zu halten - spielt Claus nach einigem Überlegen mit bar/21 4/3* die erstere Variante. Tatsächlich bevorzugt die Computer-Analyse aber trotzdem den hit mit 9/8* (+0,05). Ein offener homeboard-hit von Weiß läßt immerhin seinerseits wieder direkte Returns für Rot; wahrscheinlich ist man aber einfach deswegen mit 9/8* auf der sichereren Seite, weil es noch einen zweiten gegnerischen Stein hinter die 4er-Blockade schickt.

Wie auch immer - Michael kann seine Kontermöglichkeit nicht nutzen:

Weiss kann nicht ziehen

CWeissbarthscore: 3
+-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
| ' ' '2X1O2X|   |2X2X3X1X '2X|
|                   |   |                   |
|                 |   |       4 5       |
| ' ' ' '3O3O| 2 | '3O1X2O2O '|
|                   | 1O|                   |
+-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
MiSscore: 4

Nachdem Michael nicht einspielen kann, gelingt Claus das closeout, um ein Gammon für 4 Punkte einzufahren.

Dass es nicht immer leicht ist, während eines neunstündigen anstrengenden Turniertages die Konzentration auf einem konstant hohen Level zu halten, zeigt dabei die kleine Kuriosität am Rande: bei seinem bearoff mit closed board löste Claus mit einer 65 seinen hintersten homeboard-Punkt auf und spielte dabei zwei Steine von der 6 auf die 1, anstatt mit der 6 einen herauszunehmen, was ihn dann tatsächlich in der Folge einen vollen Wurf kostete und er kurzzeitig noch um das Gammon bangen musste....


Die Anspannung während des Finalmatches war beiden Kontrahenten bei folgendem bar-Punkt-holding-Spiel anzumerken. Beide Spieler werden durch die besondere Stress-Situation in ihrer Entscheidung getrübt, die sie normalerweise ohne Schwierigkeiten richtig handhaben würden und lassen ihre Chance liegen:

Rot hat 52 zu ziehen

CWeissbarthscore: 7
+-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
|2O '1X ' '1X|   |3X ' '2X3X3X|
|                   |   |                   |
|       5 2       | 1 |                 |
|1O ' ' ' '2X|   |3O3O '2O2O2O|
+-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
MiSscore: 4

Der hit 18/13*/11 läßt gegen das starke weiße homeboard 4 blots stehen; mit dem hit wird Rot zwar ein leichter Favorit (51%) im Spiel, aber das ist erkauft durch ein erhöhtes gammon-Risiko von ca 20% - nicht zuletzt kann einem auch der geschlagene Stein wieder unangenehm aufstoßen und erneut entgegenkommen. Verbleibt man aber mit 10/5 7/5 stattdessen im bar-Punkt-holding, ist man auf jeden Fall ein 40-60-Underdog. Auch Claus opfert hier lieber satte 11% seiner Gewinnchancen und spielt gammonsave: 10/5 7/5. Mit einem Doppler schon auf 2 lägen wegen der roten Matchführung, bei der es gilt einen 4-fach-Verlust zu vermeiden, beide Spielweisen in einer "gammonsave"-Matchsituation tatsächlich relativ dicht beieinander (wobei selbst da der hit noch knapp korrekt ist). Mit dem unberührten cube in der Mitte kann Rot aber völlig unbesorgt den hit spielen (+0,200). Das Risiko hält sich bei nur 9 Rücktreffermöglichkeiten für den Gegner in Grenzen. Und weil man nach einem Rücktreffer einfach passen kann oder der Gegner ungedoppelt auf das Gammon spielen muß, kann Rot so nie mehr als zwei Punkte verlieren - es sei denn er spielt gegen einen extrem abgezockten Gegner, der sowas von der bar herab doppelt, was zwar nicht völlig daneben, aber doch sehr spekulativ ist.

Quizfrage am Rande für die Interessierten unter den Lesern:

  • wie lautet in einem "moneygame mit Jacoby-Rule" nach dem hit 18/13*/11 die korrekte cube-action für beide Spieler?
  • wie wird eine solche Doppler-Situation benannt?
  • Der weitere Spielverlauf ist aber Indiz dafür, dass Claus nach dem hit 18/13*/11 ein solches Spekulations-Doppel wohl nicht zu befürchten gehabt hätte:

    Rot hat 65 zu ziehen

    CWeissbarthscore: 7
    +-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
    |2O ' ' ' ' '|   |2X2X '2X3X4X|
    |                   |   |                   |
    |       5 6       | 1 |                 |
    | ' ' ' ' '2X|   |2O2O2O2O2O3O|
    +-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
    MiSscore: 4

    Claus hat sich also dazu entschieden, mit seiner 52 stillzuhalten und im Holding-Game auszuharren. Um beim sich bald darauf ergebenden showdown dann doch als erster mit einer 6 gezwungen zu werden.
    Und nun heißt es:

    Weiß am Wurf: Doppler-Aktion?

    CWeissbarthscore: 7
    +-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
    |2O ' ' ' '1X|   |2X2X '2X3X4X|
    |                   |   |                   |
    |                 | 1 |                 |
    | ' ' ' ' '1X|   |2O2O2O2O2O3O|
    +-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
    MiSscore: 4

    Diesmal läßt der Autor sich die Chance entgehen und nimmt einen weiteren Wurf, ohne vorher zu doppeln - ein klarer Fehler (-0,250). Man hat zwar nur eine 17:19 Chance zu treffen, aber auch vor einem Rennspiel muß sich Weiß trotz des schlechteren pip-counts nicht verstecken, weil Rot ein gap und mehr tiefe Steine hat.
    Zwar verpasst Michael, mit der 6 zu treffen, aber auch mit einem Pasch-5 kann er danach nur noch einen einzelnen Punkt ernten.


    Eine Vorentscheidung für den Matchsieg fiel dann beim Stande von 8:5 zugunsten von Claus Weissbarth:

    Weiß hat 62 zu ziehen

    CWeissbarthscore: 8
    +-13-14-15-16-17-18-+---+-19-20-21-22-23-24-+
    |4O ' ' '2X1X| 2 |2X2X2X '2X '|
    |                   |   |                   |
    |                 |   |       2 6       |
    |3X ' ' '2O2O|   |5O2O1X ' ' '|
    +-12-11-10--9--8--7-+---+--6--5--4--3--2--1-+
    MiSscore: 5

    Michael hatte das Spiel nach einem Pasch-6 in der Eröffnung früh angedoppelt. Doch nicht nur konnte Claus mit einem Stein bereits entkommen, sondern seinerseits mit ebenfalls einem Pasch-6 den Pip-Count wieder zu seinen Gunsten gestalten. Nun droht er auch noch mit dem letzten Stein zu entkommen....

    Michael sieht seine Felle davonschwimmen und entscheidet sich schließlich für das riskante 13/7 6/4*. Das Schlagen läßt dem Gegner 14 Würfe zum Zurücktreffen; demgegenüber hat er aber 20 Würfe zum Springen, wenn Weiß ihn gewähren läßt und abwartend 13/5 spielt. Trotzdem ist das abwartende 13/5 die bessere Wahl, wie die Nachanalyse zeigt. Denn falls der Gegner entkommt, hat man in einem reinen Rennspiel eher noch seine Chance, als beim Versuch, sich von einem Rücktreffer zu erholen.
    So geschehen auch in unserer Partie: Claus vermochte nach 6/4* den return von der bar zu setzen, wonach den Autor das Glück verließ - er mußte tatenlos zusehen, wie sein Gegner statt 2 Punkte zu cashen das closeout und ein weiteres Gammon für 4 Punkte realisierte.


    Nach diesem Spiel hieß es dann 12:5 "Crawford game". Diesen Rückstand konnte Michael nicht mehr wettmachen, obwohl er sich noch bis auf 12:10 heranarbeiten konnte, bevor es Claus gelang, das Match zuzumachen.


    Die Jahreswertung

    Trotz des Abschlußturniererfolges von Claus Weisbarth konnte Matthias Krings seinen Vorsprung in der Jahreswertung bis ins Ziel retten, da es ihm gelang, in der Consolation das Finale zu erreichen. Obwohl er dort gegen den stark aufspielenden Klaus Jochim verlor, vermochte er so die nötigen Ranglistenpunkte zu sammeln, um seinen Verfolger auf Distanz zu halten.

    Umso bemerkenswerter, als Matthias sich diesen schönen Erfolg nun schon zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren sichern konnte!
    Für eine solch überzeugende Leistung benötigt es sauberes und präzises Spiel sowie Beharrlichkeit und Beständigkeit bei den Turnierteilnahmen.

    Natürlich darf manchmal auch das entscheidende Quäntchen Glück in kritischen Spielsituationen nicht fehlen; wir haben eine interessante Position von Matthias gegen unseren Turnierleiter aufgeschnappt:

    ThGadscore: 4-weg
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    |2X '4X ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    |                   |   |                   |
    |       2 6       | 1 |                 |
    |2O2O1O ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    MKringsscore: 2-weg

    In einer engen 3-Wurf-Situation hat Thomas mit der 2 einen Fehlwurf.

    Weiß am Wurf: Doppler-Aktion?

    ThGadscore: 4-weg
    +--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
    |3X '2X ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    |                   |   |                   |
    |                 |   |       [2]       |
    |2O2O1O ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
    +-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
    MKringsscore: 2-weg

    Matthias doppelt nun. Dreiwurf gegen Dreiwurf - bekanntermaßen ein Pass, und so sieht es auch Thomas. Doch der schiefe Match-Stand verändert hier den Take-Point! Matthias ist nur 2 Punkte weg vom Matchgewinn, Thomas 4 Punkte weg. Wenn Thomas hier passt, heißt es 1-weg 4-weg "crawford-Game" gegen ihn - ein nicht sehr anstrebenswerter Match-Stand. Er müßte dann nicht nur das Crawford-Spiel, sondern auch noch die nächsten beiden - sprich drei Spiele in Folge gewinnen. Die Chancen hierfür liegen zwar ein bißchen höher als mit einer Münze 3x hintereinander "Zahl" zu werfen (12,5%). Weil man aggressiv auf Gammon spielen kann, reichen evtl. schon zwei Spiele. Aber selbst dann belaufen sich die Chancen für den Zurückliegenden laut Statistik (Match-Equity-Tabelle) auf nicht mehr als 18%. Statt daher zu passen kann man sich überlegen, ob man die 3-Wurf-Stellung nicht lieber zuende spielt, und zwar dann ums ganze Match, indem man auf 4 zurückdreht! Tatsächlich bietet das Ausspielen der 3-Wurf-Stellung für den Zurückliegenden eine bessere Match-Chance als das Aufholen des Rückstands nach einem pass. In einer reinen 3-Wurf-Stellung hat man noch 21,4%. Wenn nun einer der Päsche nicht funktioniert so wie hier, ist es zwar noch etwas heikler, aber selbst dann ist ein take für Rot noch gerechtfertigt.

    Doppler-Entscheidung
    4-Ply MWC ohne Doppler 78,10%(Money: +0,624)
     0,812 0,000 0,000 - 0,188 0,000 0,000
    Gewinnerwartungen mit Doppler:
    1.Doppel, Annahme 81,19% 
    2.Doppel, Aufgabe 82,22% 1,03%
    3.Kein Doppel 80,18% -1,01%
    Richtige Doppler-Aktion:Doppel, Annahme

    Tatsächlich wäre Weiß bei einer 2-weg 4-weg Matchführung sogar besser beraten, sich mit einem Dreiwurf-Doppel zurückhalten, falls Rot alle 6 Päsche im Köcher hat.


    Hier gehts zur Auflösung der Quizaufgabe vom August.