Südbaden-Cup Juli 2014

Am letzten Sonntag im Juli startete der Südbaden-Cup mit gewohnt starker Teilnehmerzahl in seine vierte Runde.
In der Champions-Klasse waren zweiundzwanzig zum Teil weit angereiste Spieler (Zürich, Stuttgart, Saarbrücken, Düsseldorf) am Start.

Die Consolation

Einen aufregenden Krimi zu später Stunde lieferten sich Klaus Jochim und Claus Weissbarth im Halbfinale der Consolation.


Gar nicht so einfach einzuschätzen war die folgende Position beim Stand von 3:3 im Match auf 7.

Score: Weiss 3 : 3 Rot ( Match auf 7 Punkte)

K_Jochimscore: 3
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '2X2O2X2X|   | '3X '2X ' '|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |                 |
|1X1X2O3O2O2O|   |2O ' ' ' ' '|
|                   | 2O|                   |
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
C_Weissbarthscore: 3

Weiß steht mit zwei Steinen auf der bar; Rot (am Wurf) mit zwei Steinen hinter der Blockade. Wer steht da nur besser?
Bewertung:
Rot hat einen großen Vorsprung beim Pipcount (121:146). Die rote Flucht über die Blockade gestaltet sich allerdings etwas schwieriger als das Einspielen für Weiß über die zwei noch offenen homeboard-Punkte. Eine Rollout-Bewertung der Position ergibt: Weiß ist leichter Favorit, das Spiel zu gewinnen, dafür hat Rot die etwas bessere Perspektive, ein Gammon zu scoren, falls ihm die Flucht glückt. Beides hält sich in etwa die Waage; die Gewinnerwartung (equity) des Spiels ist nahezu pari.

Klaus Jochim hat jedoch statt der erhofften 6 oder einer 1 seinen allerschlimmsten Wurf:

K_Jochimscore: 3
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '2X2O2X2X|   | '3X '2X ' '|
|                   |   |                   |
|       5 5       | 1 |                 |
|1X1X2O3O2O2O|   |2O ' ' ' ' '|
|                   | 2O|                   |
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
C_Weissbarthscore: 3

Der hohe Pasch ist an dieser Stelle ausgesprochen schädlich, weil Rot dadurch fast sein gesamtes timing einbüßt, sprich - die Zeit, um auf die nötigen 6en warten zu können. Stattdessen rückt nun der homeboard-Kollaps in bedenkliche Reichweite.
Claus Weissbarth trägt diesem Umstand nun mit einem exzellent getimten Doppel Rechnung:

Weiss am Wurf - Doppler-Aktion?

K_Jochimscore: 3
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|2X '4X2O4X2X|   | '1X ' ' ' '|
|                   |   |                   |
|                 |   |       [2]       |
|1X1X2O3O2O2O|   |2O ' ' ' ' '|
|                   | 2O|                   |
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
C_Weissbarthscore: 3

Mit zwei Steinen auf der bar zu doppeln ist keine Selbstvertändlichkeit und wäre sicher nicht jedermanns Ding - da muß man sich seiner Sache schon sehr sicher sein! Viele würden nicht im Traum daran denken oder zumindest erstmal abwarten und schauen, woher der Wind weht.
Für Claus Weissbarth mit seiner ganzen Erfahrung ist es aber kein Thema. Er weiß, daß er an dieser Stelle Vertauen in seine Blockade setzen kann!

Tatsächlich ist das Doppel ausgesprochen stark, und im Match war Klaus Jochim mit seiner Entscheidung, zu droppen, gut beraten.
moneygame ließe sich tatsächlich noch ein take herauskratzen. Auch mit einer besseren spare-verteilung (7,6 statt 8,5) könnte Rot durch die Möglichkeit, in den noch offenen 2er-Punkt hineinzucrunchen, vielleicht gerade noch akzeptieren.
Bedingt durch den gammon-sensitiven Matchstand (4 Punkte brächten dem Gegner genau den Matchsieg) ist es an dieser Stelle ein klares Pass (1.300).


Das Match bleibt weiter offen und spannend und erreicht letzendlich den double match point.

Im dmp-Spiel kommt es zu einem kniffligen Haltespiel-showdown. Dort fallen dann nacheinander beide Kontrahenten bei payment-Situationen jeweils einem Denkfehler zum Opfer:

zunächst Klaus Jochim als Roter:

Score: C_Weissbarth 6 : 6 K_Jochim ( Match auf 7 Punkte)

C_Weissbarth hat 11 zu ziehen

K_Jochimscore: 6
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|3X3X3X2X2O '|   | ' '2X2X ' '|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |       1 1       |
|2O3O2O2O2O2O|   | ' ' ' ' ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
C_Weissbarthscore: 6

Es ist klar, daß Weiß hinten stehenbleiben muß; er liegt zurück und darf dem Gegner nicht das Übersteigen ermöglichen. Ob man sich noch eine 5 zu ziehen im homeboard bewahren soll ist dagegen eher eine Feinheit. Claus wählt korrekt mit 6/5 6/4 2/1.

"pay now or pay later ?"

K_Jochim hat 31 zu ziehen

K_Jochimscore: 6
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|3X3X3X2X2O '|   | ' '2X2X ' '|
|                   |   |                   |
|       1 3       | 1 |                 |
|3O2O2O3O3O '|   | ' ' ' ' ' '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
C_Weissbarthscore: 6

Hier muß man sich als Roter entscheiden, ob man weiter abwarten oder auflösen und bezahlen soll. Klaus Jochim investiert in Flexibilität und wählt das Auflösen 10/9 10/7. 12 Trefferchancen für den Gegner sind der Preis - die Chancen stehen 2:1, daß der Gegner verpasst; außerdem kann man wieder zurückkommen wenn der Gegner trifft.
Das freiwillige Bezahlen von Klaus beruht in der Annahme, später wesentlich mehr bezahlen zu müssen oder zwei blots offenlassen zu müssen, wenn man noch länger abwartet. Eine genauere Betrachtung der Folgewürfe zeigt jedoch, daß diese Befürchtung unbegründet ist. Obwohl die 5 vom hinteren Punkt blockiert ist, lassen sich die meisten 5en in der Kombination trotzdem vom hinteren Punkt spielen. Selbst die doppelt blockierte 54 muß keine drei blots aufreißen, sondern läßt sich mit 10/1 gerade mal so noch von hinten fahren; so daß Rot auch bei weiterem Abwarten an maximal 15 Trefferwürfe und also nie mehr als einen kleinen Aufpreis von 3 extra-Treffern bezahlen muß.
Dagegen stehen: 6 Päsche und die 61, also 8 Würfe, die klären können, und ein blockierter gegnerischer Pasch-5-Renn-Joker. Sowie pick&pass-Optionen, wenn der Gegner mit einer 5 oder 6 als erster gezwungen wird. 4/1 2/1 ist richtig (eine 3 soll sich Rot noch aufbewahren).

C_Weissbarth hat 21 zu ziehen

K_Jochimscore: 6
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|3X3X3X2X2O '|   |1X '3X ' ' '|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |       1 2       |
|3O2O2O3O3O '|   | ' ' ' ' ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
C_Weissbarthscore: 6

Tatsächlich gelingt es Claus Weissbarth, nach dem volunteer seines Gegners den Treffer zu setzen.

Klaus Jochim vermag aber über den offenen 6er wieder einzuspielen; wenig später ergibt sich die folgende Position, in der Claus Weissbarth vor einer ähnlich gearteten Problematik steht:

C_Weissbarth hat 32 zu ziehen

K_Jochimscore: 6
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|4X3X2X3X2X '|   | ' '1O '1O '|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |       2 3       |
|4O2O2O3O2O1X|   | ' ' ' ' ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
C_Weissbarthscore: 6

Weiß kann seine Steine im Außenfeld verteilt stehen lassen, wodurch die Chance steigt, den Gegner auf seinem Heimweg nochmal zu erwischen, oder mit 16/14 4/1 die checker vereinen. Keine einfache Entscheidung - zumal auch das Rennspiel ja nicht völlig chancenlos ist.
Claus wählt nach einigem zählen und rechnen das verteilt bleiben 5/3 5/2. Er steigert so seine Trefferchancen, wenn der Gegner 51,52,61,63,54,55 hat (11 Würfe). Auf der Kostenseite stehen die gegnerischen Trefferwürfe vor allem mit der 8: 53,62,22 und 44 - ein swing bei 6 Würfen. Die gegnerische Trefferchance mit der 10 können wir dagegen getrost diskontieren, da 10 als guter Rennwurf dupliziert und Pasch-5 ja sogar den Rückschuß läßt.
Nach dem Zählen und Lesen der Würfe sind wir noch nicht wirklich schlauer was nun richtig ist.
Einen gewichtigen Punkt gilt es aber noch zu berücksichtigen:
Das gesplittet-bleiben könnte sich vielleicht rechnen, wenn Weiß seine hohen homeboard-spares noch hätte und also mit der 32 das 5er-Haus noch halten könnte. So jedoch geht Claussen's Rechnung nicht auf : mit dem verteilt bleiben erhöht man zwar seine Chance auf den Treffer, aber entwertet sich all seine Treffer sogleich wieder, dadurch daß man mit 5/3 5/2 sein Haus schwächt, weil der Gegner dann über eine doppelte Rückkehrmöglichkeit verfügt. Somit wird klar, daß 16/14 4/1 richtig ist : lieber mit ein paar Trefferchancen weniger vorlieb nehmen - die aber dafür dann tödlich!

K_Jochim hat 53 zu ziehen

K_Jochimscore: 6
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|4X3X2X3X2X '|   | ' '1O '1O '|
|                   |   |                   |
|       3 5       | 1 |                 |
|4O3O3O3O '1X|   | ' ' ' ' ' '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
C_Weissbarthscore: 6

Und tatsächlich gelingt Klaus Jochim mit 19/11* daraufhin der Match-entscheidende swing.


Im abschließenden consolation-Finale mußte sich Klaus Jochim dann gegen Rolf Vetsch aus Basel geschlagen geben, der im anderen Halbfinale über Werner Frey die Oberhand behalten hatte.


Werner Frey - Rolf Vetsch


Das Finale Champions Main

Im Finale Main standen sich Bertram Wild und Heribert Lindner gegenüber. Bertram hatte sich zuvor im Halbfinale gegen den Düsseldorfer Nadjib Kawkab durchgesetzt; Heribert hatte gegen Volker Sonnabend die Oberhand behalten.


Das fahrplanbedingt abgekürzte Finalmatch zum Nachspielen in der extremeGammon-Analyse von Bertram Wild findet sich hier.


Auflösung zur letzten Quizaufgabe vom Mai hier.