Interessantes vom Südbaden-Cup Jubiläum 2014

An zwei vollgepackten Tagen, die reichlich mit Backgammon gesegnet waren, ist es gelungen, bei all der Organisation trotzdem auch noch den einen oder anderen Backgammon-Splitter vom Jubiläums-Event aufzuschnappen.


Eine bearoff-cube-Entscheidung aus einem Consolation-Match vom Sonntag:

Drei-Wurf-Stellung mit doppelter Chance

Score: Michael Schoppmeyer Weiss 4 : 3 Rot Klaus Jochim ( Match auf 7 Punkte)

Weiss am Wurf doppelt auf 4

KJochimscore: 3
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
|1X1X4X ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
|                   |   |                   |
|                 |   |       [4]       |
|2O2O1O '1O '| 2 | ' ' ' ' ' '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
MiSscore: 4

Eine reine Dreiwurf-Stellung (jeder 5-6 tiefe Steine) ist im moneygame oder bei ausgeglichenem Matchstand ein pass. Wenn man allerdings bei dem gegebenem Matchrückstand als Roter das gegnerische Doppel passt, hat man anschließend bei "Crawford 1-weg 4-weg" laut Match-Equity-Tabelle nur noch weniger als 19% Chancen auf den Matchsieg. Schon die normale 3-Wurf-Stellung ist mit 21%-Siegchancen daher bei diesem score ums Match zu spielen.

Wie ist nun die obige Position, die keine reine 3-Wurf-Stellung darstellt, weil nicht alle Steine tief stehen, zu bewerten?

Hier hat Rot als Zurückliegender sogar gleich zwei Chancen, auf die er noch setzen kann. Entweder er macht den Pasch: es funktionieren 33,44,55,66 - die Chance hierfür liegt pro Wurf bei 4/36 oder 11%. Oder der Gegner produziert ein miss; die Fehlwürfe sind 41,42,43 - die Chance dafür beträgt 6/36 oder 16,6%. Es sollte klar sein, dass die kombinierten Chancen für Rot bei über 25% liegen müssen, selbst wenn der Gegner mit einem hohen Pasch vorher schon gin machen kann, da man die 11%-Pasch-Chance ja sogar zweimal bekommt. Der Umstand, dass man auf den tiefen Punkten selber schwach besetzt ist, tut dem keinen Abbruch - das kann ohnehin nur in der Variante mit dem gegnerischen 4er-Fehlwurf eine Rolle spielen. Im Chancen-Zweig mit der Pasch-Variante hat es keinerlei Auswirkung, weil in Kombination mit Pasch-3 aufwärts das einfache besetzt-sein der tiefen Punkte völlig ausreicht.
Die obige 3-Wurf-Stellung - im moneygame wie gesehen ein einfaches take - sollte bei gegebenem score unbedingt ums Match gespielt werden.


Consulting Team Event

Von besonderem Reiz ist es, wenn man sich in einem consulting-Team-Event mit kniffligen Problemen konfrontiert sieht und dann zu zweit versuchen kann, diese zu eruieren und zu analysieren.


die Teamkollegen Klaus Jochim und Michael Schoppmeyer

in unserem folgenden Beispiel hatte das Team Klaus Jochim & Michael Schoppmeyer eine Entscheidung mit großer Tragweite zu treffen:

Blockadekampf

Score: MiS & KJochim (Weiss) 0 : 1 (Rot) VSonnabend & PHofer (Match auf 5 Punkte)

Weiss hat 11 zu ziehen

VSonnabend_PHoferscore: 1
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|2O '1O '2X3X|   |2X3X2X ' '1O|
|                   | 1X|                   |
|                 |   |       1 3       |
| '2O1O2O2O2O| 2 |1O1O ' ' '2X|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiS_KJochimscore: 0

Das Team-Gespann Klaus Jochim & Michael Schoppmeyer sah sich gegen Onkel und Neffe Volker Sonnabend & Patrick Hofer hinter deren Blockade mit einem nicht so trivialen checkerplay konfrontiert. Klaus Jochim befürwortete 24/21 22/21, während sein Teamkollege 7/3 favorisierte, was dann schließlich auch zur Umsetzung kam. Im Nachhinein muß man sagen: "bedauerlicherweise". Der Gegner hatte im nächsten Wurf keine 3 sondern eine 52. Das weiße homeboard jedoch ließ sich nicht mehr lange beisammen halten, nachdem man keine Steine an die Kante gebracht hatte und mit der 64 im Folgewurf nicht springen konnte.
Auch im Rollout der Nach-Analyse schneidet 24/21 22/21 - der Zug von Klaus Jochim - besser ab als der Favorit 7/3 seines Co's (xG +0,030; GNU +0,070). Das Springen über die gegnerische Blockade hinweg ist in der obigen Situation schwerer zu bewerkstelligen und hat daher Vorrang vor dem covern des homeboard-blots.


Onkel und Neffe - die späteren Team-Sieger Volker und Patrick


kurioses am Rande

Dass die Anstrengung von zwei Turniertagen - noch dazu verbunden mit der Doppelbelastung der Organsiation - nicht spurlos an einem vorübergehen, braucht nicht zu überraschen. So ereignete sich im Halbfinale der Consolation im Match zwischen Frank Simon und Michael Schoppmeyer die folgende Kuriosität zu mitternächtlicher Stunde:

Score: MiS (Weiss) 0 : 0 FSimon (Rot) (Match auf 7 Punkte)

FSimonscore: 0
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
| ' ' '1X '1X|   | ' ' ' ' ' '|
|                   |   |                   |
|       2 6       |   |                 |
|1O ' ' '1O1O| 4 | ' ' ' ' ' '|
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
MiSscore: 0

Frank spielt 6/off 4/2.

Weiss am Wurf

FSimonscore: 0
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
| '1X ' ' ' '|   | ' ' ' ' ' '|
|                   |   |                   |
|                 |   |                 |
|1O ' ' '1O1O| 4 | ' ' ' ' ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiSscore: 0

Michael stellt daraufhin die Uhr ab, notiert seinem Gegner die Siegpunkte und baut neu auf. Doch selbst wenn man zu später Stunde bereits erschöpft in den Seilen hängt - bei einem Doppler auf 4 hätte es sich für den Autor schon noch mal lohnen können, die erneute Kraftanstrengung eines weiteren Wurfes auf sich zu nehmen....

Nach dem Blitz

Ein checkerplay aus dem nachfolgenden Spiel des gleichen Matches:

Weiss hat 21 zu ziehen

FSimonscore: 4
+-24-23-22-21-20-19-+---+-18-17-16-15-14-13-+
|2X2X2X2X2O4X|   |2X '1O ' ' '|
|                   |   |                   |
|                 | 1 |       1 2       |
| ' ' '1X '4O|   |4O3O '1O ' '|
+--1--2--3--4--5--6-+---+--7--8--9-10-11-12-+
MiSscore: 0

Euer Zug ?

In kaum einer Spielsituation im Backgammon wird so hohes Risiko von einem abverlangt wie nach einem überstandenen Blitzangriff. Der Grund: durch langes Tanzen liegt man im Rennen bereits aussichtslos zurück, aber der Gegner droht nach wie vor mit seinem starken homeboard.
Hier haben wir ein typisches Beispiel. Auch wenn es äußerst schwer fällt, gegen das starke gegerische homeboard einen Schuß und zwei blots offenzulassen - Weiß liegt weit zurück und hat nichts mehr zu verlieren! Das Sichern des blots wäre an dieser Stelle ein schlimmer Fehler. Weiß muß mit 7/5 6/5 unbedingt seinen 5er-Punkt bauen - auch wenn es vielleicht ein gammon kostet! Doch falls der Gegner keine 6 hat oder gar klein würfelt und hängenbleibt, ist der Lohn hoch - dann verwandelt sich der blot plötzlich von Zielscheibe zum Angreifer und kann helfen, gleich den nächsten, den 4er-Punkt zu bauen. Nur so kann Weiß sich erhoffen, das Spiel noch zu drehen.

Michael spielt 7/5 6/5. Frank hat dann zwar keine 6, aber seine 51 erfüllt den gleichen Zweck....


Frank Simon - erschöpft aber happy - mit Finalgegner Bernd Schmidt (Mannheim)